Willkommen im Kamelienschloss – der grünen Schatzkammer Sachsens
Im und um das Landschloss Pirna – Zuschendorf werden auf über 6 Hektar, davon 1800 m² Glashausflächen die Zierpflanzen bewahrt, die einst vom Können sächsischer Gärtner in der ganzen Welt kündeten. Sammlungen, wie Kamelien, Azaleen und Rhododendron stehen unter Denkmalschutz. Hortensien und Rhododendron gehören zur Deutschen Genbank Zierpflanzen.
Die Hortensienausstellung (siehe Text unten) ist zu Ende. Die Szenen mit Mephisto, Hexe, Zauberer und Gestiefeltem Kater sowie der Fee können weiter besichtigt werden. Die Möglichkeit besteht bis zum 08. Oktober, jeweils Dienstag bis Sonntag, 10 – 17 Uhr. Im Park kann man die späte Blüte der Hortensien erleben.
XVI.Hortensienschau im Landschloß
„100 Jahre Hortensienzüchtung in Sachsen“
Hexenkram, Teufelszeug oder Zauberei?
22.07. – 06.08.2023
Einhundert Jahre werden in Sachsen neue Hortensiensorten gezüchtet und diese machten weltweit Furore. Wie kann das sein, dass so ein kleines Land weltweite Maßstäbe setzt? Ist die Züchtung einer neuen Sorte nun Zauberei, hat der Teufel seine Hand im Spiel oder ist es Hexerei? Mit dieser nicht ganz ernst gemeinte Frage werden wir das etwas trockene, eher wissenschaftliche Thema der Züchtung gestalterisch etwas auflockern.
„Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor…“ lässt Goethe seinen Faust sagen und so könnte es auch einer ehrgeizigen Züchterin, nennen wir sie Faustina, gehen. Die große Wunderhortensie will ihr nicht gelingen, es sei denn Sie verschreibt ihre Seele dem Teufel … Mit Mephistopheles Hilfe („Ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.“) kann es ihr gelingen.
Eine zweite Möglichkeit, die ganz besondere Hortensie entstehen zu lassen, ist die Hexenküche, wo mit mystischen Sprüchen, mancher seltsamen Zutat, Gerüchen und Dampf die ersehnte Pflanze aus dem Kessel erwächst.
Und ist es nicht doch Zauberei, wie sich eine Blume immer wieder völlig verändert? Seien es die Farben bis hin zur Mehrfarbigkeit, die Größe der Blüten, deren Füllung, Form und Blühdauer und vieles mehr. Einmal „Sim Sala Bim“ gerufen und schon sind die neuen Ideen verwirklicht.

Hexe braut und der alte tote Baum treibt herrliche Hortensienblüten.

Tragödie im Labor: Mephisto ringt um die Seele der ehrgeizigen Züchterin.

Der gestiefelte Kater lässt den Zauberer einen Berg von Hortensien zaubern.
Über 200 Jahre ist es her, dass die erste Hortensie aus Fernost nach Sachsen kam. Der spätere Hofgärtner in Pillnitz, Carl Adolph Terscheck, nahm sie aus Frankreich mit in den Pillnitzer Schloßpark, wo sie etwa 170 Jahre alt wurde.

Die vor über 200 Jahren nach Sachsen gelangte Kamelie im Schlosspark Pillnitz um 1960.
Genau vor 100 Jahre brachte Friedrich Matthes in Ottendorf-Okrilla die ersten sächsischen Hortensiensorten in den Handel. Und die hatten es in sich. Die Fachpresse schwärmte. Schon ein Jahr nachdem die ersten fünf Züchtungen bekannt waren, schrieb Curt Reiter in der „Gartenwelt“: „Wer heute noch die alten Sorten (gemeint sind die französischen d.R.) kultiviert, kann wirklich nicht sagen, daß er auf der Höhe sei; denn die Züchtungen von Matthes … sind derart hervorragend und zeichnen sich so sehr durch Blühwilligkeit, gute Haltung, Blütenfärbung und Großblumigkeit vor den alten Sorten aus, daß die vorwärtsstrebenden und weitsichtigen Gärtner kaltblütig die alten Sorten auf den Komposthaufen wandern lassen…“ Bis Ende der dreißiger Jahre züchtete er 25 Sorten, von denen heute noch vier in den Zuschendorfer Sammlungen existieren. Der Altmeister Matthes starb 1948 ohne Nachfolger für seine Zuchtarbeit.

Betrieb von Friedrich Matthes in Ottendorf Okrilla.

Der Altmeister der sächsischen Hortensienzüchtung Friedrich Matthes beim Sämlinge pinzieren im Gewächshaus.
Laut des damals dort beschäftigten Gärtners Joachim Zahn erhielt der Bautzener Gartenbaubetrieb Dienemann etwa 60 noch vorhandene Hortensiensämlinge. Im Jahre 1959 begannen Hermann Dienemann und sein Schwiegersohn Sieghart Prkno im nunmehr geteilten Deutschland mit der Züchtung von Hortensien.

Hortensiensichtung in Bautzen, v.l.n.r. Brigitte Uhlig, Gerda Elsner, Hermann Dienemann und Wilhelm Elsner. Foto Sammlung Prkno.
Seine Sorten waren so überragend, dass der „Sortenklau“ diesmal in eine andere Richtung als üblich ging. Normalerweise hat man im Osten immer versucht, auf meist illegale Weise an neue West-Zierpflanzensorten heranzukommen. Diesmal hatten sich westeuropäische Gärtner die Dienemannscher Sorten „besorgt“. Um Lizenzgebühren zu sparen wurden sie umbenannt: Aus ‚Hermann Dienemann‘ wurde die Sorte ‚Leuchtfeuer‘ und die ‚Schöne Bautznerin‘ musste sich gar ganz schelmisch ‚Roter Baron‘ nennen lassen. Über Jahrzehnte dominierten diese Sorten die europäischen Sortimente mit, gewannen manche Goldmedaille auf internationalen Wettbewerben und werden teilweise heute noch produziert. Nur: Wer nichts davon hatte, war der Züchter selbst. Als Privatbetrieb durfte er die Sorten nicht selbst vermarkten. Das geschah über das DDR-weite Imperium VEG Saatzucht Zierpflanzen Erfurt. Der nahe Meissen liegende Betriebteil Nieschütz war dafür auserkoren und verkaufte Dienemanns Pflanzen als „eigene Züchtungen“. So wurde sich mit fremden Federn geschmückt. Da war es verständlich, dass die Bautzener 1974 ihre Zuchtarbeit einstellten. Von seinen 11 gezüchteten Sorten sind heute noch fünf in der Zuschendorfer Sammlung. Da es nun niemand mehr gab, der in der DDR Hortensien züchtete, begannen die Nieschützer Gärtner selbst damit. Die beiden Züchterinnen, anfangs Gudrun Reichardt und später Silke Tippmann, waren dabei sehr erfolgreich. Die ersten Sorten gab der Betrieb bereits 1978 heraus. Legendär ist die 1985/87 entstandene Sorte ‚Schneeball‘. Sie war über lange Jahre die meist angebaute Hortensiensorte der Welt. Ihr reines Weiß wurde über Jahrzehnte nicht übertroffen. Zu dieser Zeit war allerdings das Erfurter Imperium schon zerschlagen und Nieschütz gehörte seit 1984 zum VEG Saatzucht Zierpflanzen Dresden, einem Zusammenschluss von Gärtnereien rund um Dresden. Bis zum politischen Umbruch gab der Gartenbaubetrieb sieben viel beachtete Sorten heraus, die auch alle noch in den Zuschendorfer Sammlungen bewahrt werden.
Nun folgten die üblichen Wirren dieser Zeit von Treuhand, Privatisierung, Wechsel des Eigentümers und Übersiedlung des Zuchtmaterials nach Weixdorf. In dieser turbulenten Zeit entstanden immerhin 10 weitere sächsische Sorten. Ab 1993 beteiligte sich Katrin Meinl an der Hortensienzüchtung, bevor sie 1995 die Verantwortung für diese Gattung ganz übernahm. Sie hält bis zum heutigen Tag die Fäden in ihrer Hand.

Hortensien in Nieschütz bei Meißen. Foto Archiv Katrin Meinl.
2006 erwarben Claus und Torsten Kühne das Zuchtmaterial. Vorerst noch in Weixdorf, siedelte es nun in den Stammbetrieb der Fa. Kühne Jungpflanzen nach Dresden Omsewitz um, wo es bis zum heutigen Tag bearbeitet wird. Führende deutsche und holländische Zuchtbetriebe haben sich 1999 zur Hydrangea Breeders Association BV (HBA), einer europäischen Züchtergemeinschaft, zusammengeschlossen. Seit einigen Jahre gehört auch die Dresdner Züchtung dazu.

Hortensienvergleichsanbau zur Sortensichtung in Dresden Omsewitz im Jahr 2017.

Drei Züchter im Gespräch (2006): v.l.n.r. Christa Hofmann, Katrin Meinl und Dr. Klaus Olbricht. Foto Archiv Klaus Olbricht.
Kurze Zeit gab es noch einen zweiten Zuchtstandort in Dresden. Dr. Klaus Olbricht arbeitete ab 1999 im Betrieb PAC Elsner in Dresden-Tolkewitz für die Firma Jungpflanzen Rampp aus Pfaffenhausen. Dort arbeitete er an ganz neuen Hortensienideen, wie der Zucht von Sorten mit schwarzen Stielen oder der Einkreuzung anderer Arten. Diese neue Gedankenwelt brachte er später auch beratend in die Zuchtarbeit bei Kühne ein.
Katrin Meinl bearbeitet nun länger als jeder andere sächsische Züchter diese Gattung. Es werden dieses Jahr 30 Jahre. In dieser Zeit meldete sie etwa 30 ihrer Hortensien zum europäischen Sortenschutz an und schuf noch einige mehr. Kein anderer in Sachsen hat die Vielfalt um so viele Neuheiten erweitert. Überraschende Hortensienwelten haben sich da für uns eröffnet: Da ist die wunderschöne und robuste ‚Schloss Zuschendorf‘, die durch ihre lackschwarzen Stiele vor allem japanische Herzen höherschlagen lässt. Oder die mit Hydrangea serrata eingekreuzte ‚Gräfin Cosel‘ mit weißen, rotumrandeten Blüten. Besonders spektakulär und deshalb in den USA, aber auch hierzulande ein Renner ist die Sorte ‚Schloss Wackerbarth‘. Die Blüten erinnern bei Kultivierung in „blauer“ Erde an prickelnden Sekt.

Hortensie ‚Schloss Zuschendorf‘ mit lackschwarzen Stielen. Foto Liebert.
Auch die wohl derzeit winterhärteste Sorte überhaupt, ‚Diva Fiore‘ genannt, stammt aus ihren Händen. Diese blau oder rot erhältliche Hortensie ist ein richtiges Knospenwunder. Genannt seien auch die knuppligen kleinen Tischhortensien und die gefüllt blühenden Sorten, von denen zwei für Hängeampeln geeignet sind. Auch diese Sorten bewahren wir in den Botanischen Sammlungen Zuschendorf.

Tischhortensien

Hortensien in Hängeampeln
Insgesamt entstanden in Sachsen in einhundert Jahren mindestens 70 wichtige Sorten, von denen 51 in Zuschendorf heute noch existieren.
Neben den vielen immer wieder eingebrachten völlig neuen Ideen, die Sachsens Sorten an die Weltspitze brachten und bringen, gibt es eine weitere außergewöhnliche Besonderheit. Das Zuchtmaterial wurde von Züchter zu Züchter weitergereicht und natürlich immer fortentwickelt. Die Arbeit von Hermann Dienemann basierte auf Material von Friedrich Matthes. Die Dienemannschen Züchtungen dienten den Nieschützern als Grundlage und das Nieschützer Material nutzt wiederum Katrin Meinl bis heute. Auch wenn natürlich unzählige Einflüsse von außen hinzu kamen, ist das eine unglaubliche Kontinuität inmitten ständiger betrieblicher und gesellschaftlicher Umwälzungen.
Die Botanischen Sammlungen Landschloß Pirna-Zuschendorf unterstützen die sächsische Hortensienzüchtung, profitieren aber ebenso davon.
Zum einen dient unsere Hortensiensammlung von 500 Arten und Sorten als Genbank und ist Bestandteil der „Deutschen Genbank Zierpflanzen“. Die Pflanzen stehen der Züchtung als Pollenspender und für die Ernte von Stecklingsmaterial zur Verfügung. Des weiteren helfen die Ergebnisse unserer ausführlichen Winterhärteprüfung bei der Auswahl von Kreuzungspartnern.
Für bisher 15 unserer Hortensienausstellungen im Landschloss wurden durch Katrin Meinl aus unseren Stecklingen prächtige Ausstellungspflanzen kultiviert.

Vorbereitung von Ausstellungspflanzen im Jahre 2017 für Zuschendorf in Omsewitz.

Ausstellungspflanzen Von SAXON und Kötterheinrich im Festsaal 2016.
Auch Kötterheinrich Hortensienkulturen aus Lengerich als Mitglied der Hydrangea Breeders Association und der Radebeuler Hortensienspezialbetrieb R. Ullmann stellten uns Pflanzen zur Verfügung. Vier der schönsten Sorten von Katrin Meinl wurden im Landschloß getauft.
100 Jahre Hortensienzüchtung in Sachsen sollen ein Grund für eine besondere Ausstellung im Landschloss sein. Die Gestaltung liegt wieder in den Händen von Bea Berthold und lässt interessante Schaubilder erwarten. Wie bei fast allen Schauen bisher wird Silke Kühne floristische Kunstwerke aus Klassikblüten, die bei der Omsewitzer Züchtung entstehen, zaubern.

Die gute Fee braut eine neue Hortensiensorte und die quillt aus dem Kessel, wie der heiße Brei.
Eintritt: 6,00 € / ermäßigt 5,00 €
Geöffnet: Dienstag bis Sonntag von 10.00 – 17.00 Uhr
Montag von 10.00 – 16.00 Uhr
Ein wichtiger Hinweis: Wegen des Ausstellungsaufbaues bleibt das Schloss vom 3. bis 21. Juli 2023 geschlossen.
Weihnachten im Landschloß
„Mundgeblasen und gedrechselt – Weihnachtliches aus Thüringen und dem Erzgebirge“
23.11. – 18.12.2022
Die Ausstellung ist nun endgültig abgebaut. Wir sind sehr dankbar, dass Herr Stefan Riedel uns einen Film über die Ausstellung gedreht hat. Den Film können Sie hier anschauen:
Weihnachten im Landschloß 2022
Für das Jahr 2024 planen wir eine Weihnachtsschau in der der himmlische Rauch im Mittelpunkt steht. Wieder verbindet die Schau die Weihnachtsländer Thüringen und Sachsen. Aus dem Erzgebirge kommen die Räuchermännchen und aus der Thüringer Region um Schweina und Tabarz die Tabakspfeifen.
Botanische Sammlung der TU Dresden
Mehr Infos zu den Pflanzen unserer botanischen Sammlung finden Sie hier.
Veranstaltungen
Führungen
- Führungen und weitere Angebote rund um das Landschloss finden Sie auf landschloss-zuschendorf.de