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Kamelien

Blütezeit: März bis Ostern

Kamelien sind in Ostasien heimisch. Seefahrer brachten die ersten Kamelien mit nach Europa. 1739 wird die erste ungefüllte, rotblühende Camellia japonica bei Lord Petre in England erwähnt; 1792 gelangte die erste gefüllte, weiße Kamelie (Camellia japonica ‚Alba Plena‘) nach Europa.

Besonders die Vorliebe für alles Ostasiatische ließ die Kamelie bald darauf in Europa zur Modeblume des 19. Jahrhunderts werden. Sie gehörte zur Balltoilette ebenso wie in die wertvollen Pflanzensammlungen von Fürsten und Königen und fand ihren literarischen Niederschlag nicht nur in Alexandre Dumas‘ „Die Kameliendame“. Auch in Adalbert Stifters „Der Nachsommer“, in einem Gedicht von Anette von Droste-Hülshoff, Turgenjews Erzählungen „Frühlingsfluten“ und „Rauch“, Fontanes „Effi Briest“ oder Bulgakows Roman „Der Meister und Margarita“ werden sie erwähnt.

Die Kamelie kommt nach Sachsen

Einer der vier Söhne des Dresdner Hofgärtners Johann Heinrich Seidel, Jacob Friedrich, hatte während seiner Ausbildungszeit im „Jardin des Plantes“ in Paris den Wert der Kamelie, die bisher nur in botanischen Gärten gehalten wurde, als winterblühende Pflanze erkannt und brachte sie 1812 mit nach Dresden. Laut einer abenteuerlichen Geschichte geschah dies auf seinem Marsch im Dienste der Napoleonischen Armee, wo er desertierte, als sich die Truppen in Erfurt aufhielten, bepackt mit Kamelien im Tornister.

Das Jahr 1813 kann als das Entstehungsjahr unserer Sammlung betrachtet werden, als Jacob Friedrich Seidel gemeinsam mit seinem Bruder Traugott Leberecht am 24. Juni in der Kleinen Plauenschen Gasse eine Gärtnerei gründete, die sich zunehmend auf Kamelien spezialisierte. Es entstand nicht nur die erste Spezialkultur des deutschen Zierpflanzenbaus unter Glas; Seidel leitete damit auch generell die Ablösung der bis dahin üblichen „Nutzgärtnereien“ durch die sog. „Kunst- und Handelsgärtnereien “ ein, die nur von der Ziergärtnerei lebten.

Andere Gärtner folgten Seidels Beispiel, so dass sich Dresden um die Mitte des 19. Jahrhunderts zum führenden Anbauzentrum für Kamelien in Europa entwickelte. Seidels Kameliensortiment stieg von 19 Sorten im Jahre 1824 auf 1100 Sorten im Jahre 1842 bei einem Produktionsumfang von jährlich 100.000 Stück. Bereits in den dreißiger Jahren des 19. Jhd. erschloss Seidel Russland als eines der ersten ausländischen Absatzgebiete. So brachte er 1834 eine Ladung von 5000 Kamelien per Dampfschiff nach St. Petersburg. Mit dem Planwagen waren Kamelien auf monatelangen Reisen unterwegs nach Moskau, Odessa, Florenz oder Madrid.

Seidels Gärtnerei war jedoch ebenso Anziehungspunkt für zahlreiche Besucher im Frühjahr, da der Seidelsche Kamelienflor den Ruf einer europäischen Sehenswürdigkeit genoss. Zahlreiche hochstehende Persönlichkeiten aus Russland und Österreich-Ungarn pflegten auf der Durchreise nach Paris in Dresden Station zu machen, um die Kamelien zu besichtigen und Einkäufe zu tätigen. Zum Weltruf, den Dresdner Kamelien damals erlangten, trugen auch zahlreiche in- und ausländische Ausstellungen, z.B. der Gartenbaugesellschaft „Flora“ bei, auf denen Pflanzen von „Kamellien-Seidel“ nicht fehlen durften und zu deren maßgeblichen Initiatoren er und sein Sohn Herrmann Seidel gehörten.

Die Seidelsche Züchtung

Neue Sorten und Arten aus China und später auch Japan führten zu einer regen Züchtungsarbeit, vor allem in England, Belgien, Frankreich und Italien. Neuheiten aus Deutschland kamen relativ spät auf den europäischen Markt, so z.B. von Rinz aus Frankfurt (C.j.’Francofurtensis‘ und ‚Gunnelli‘).

Seidels Leistung bestand vorwiegend in der Erhaltungszüchtung, in der Erschließung neuer Sorten für den deutschen Markt und der Auslese der besten Sorten aus dem unüberschaubaren Sortenspektrum.

Pflanzen von „Kamellien-Seidel“ waren bekannt für hervorragende Qualität und zuverlässige Sortenbenennung beim Versand. Außerdem machte er sich um die günstigere Vermehrungsart durch Stecklinge verdient. Bereits in den 30-er Jahren des 19. Jhd. pflanzte er sämtliche Sorten bei gleichen Wachstumsbedingungen in einem gesonderten Haus zur mehrjährigen Beobachtung aus und begrenzte sein Sortiment 1862 von 1100 auf die 500 „gefüllten schönsten und leichtestblühenden“.

Eine nochmalige Bereinigung des Sortiments führte zu einer Auswahl von 76 bewährten Sorten, zu denen immer noch so alte Sorten wie Àlba Plena‘ und ‚Variegata‘ von 1792, ‚Buff‘ (1806), ‚Althaeiflora‘ und ‚Lady Campbell‘ von 1824 oder ‚Tricolor‘ (1832) gehörten. Mehrere davon illustrieren Seidelsche Familien- oder Zeitgeschichte: ‚Frau Minna Seidel‘ (1883) nannte Herrmann Seidel eine der schönsten Sorten nach seiner Frau Minna Sidonie, Tochter eines Finanzrats, welche er im Katalog als die „lieblichste unter den Camellien“ beschreibt. Ihre beiden Söhne Rudolf und Heinrich (Sorte ‚Heinrich Seidel‘) heirateten zwei Schwestern, Töchter eines dänischen Offiziers, nach welchen die Sorten ‚Herme‘ (1891) und ‚Emma‘ (1897) benannt sind. Eine der vier Töchter findet in der Sorte ‚Frau Dr. Schiffner‘ (1891) Erwähnung.

Man begegnet der Königsfamilie (‚Prinz Albert'(1841), ‚Prinzessin Louise‘ oder bekannten Züchtern wie Mathot aus Belgien (z.B. ‚Mathotiana Alba‘ (1858), ‚Mathotiana Rubra‘ (1847), Hovey (‚C.M.Hovey‘) aus Amerika bzw. Alfred Chandler aus England, dessen Sorte ‚Chandlers Elegans‘ aus dem Jahr 1831 noch heute die Hauptsorte im Kamelienanbau ist.

Ein Grund für die vorgenommene Verkleinerung des Sortiments lag auch am Abflauen der Kamelienmode ab dem Jahr 1890, in deren Folge die Kamelie von der Azalee als Hauptkultur verdrängt wurde. Nach dem 1. Weltkrieg betrug der Anteil der Kamelie an der Gesamtproduktion der Seidelschen Gärtnerei nur noch wenige Prozent Trotzdem blieb das von Seidel ausgewählte Sortiment weitestgehend erhalten und konnte durch das verantwortungsvolle Handeln der Gärtner über den II. Weltkrieg hinweg gerettet werden.

1946 wurde der Seidelsche Betrieb enteignet. In der nun staatlichen Gärtnerei wurden die Züchtungsarbeiten auf der Grundlage des Seidelschen Sortiments von 1897, welches 1956/57 zum Erhaltungssortiment der DDR erklärt worden war, bis 1967 fortgesetzt. 1956 ehrte man mit der Sorte ‚Bernhard Lauterbach‘ den langjährigen Mitarbeiter und ehemaligen Obergärtner Seidels. Kamelien produziert und exportiert wurden vorwiegend in den Sorten ‚Chandlers Elegans‘ und ‚Lady Campbell‘ bis 1989.

Nach dem politischen Umbruch liquidierte die Treuhandgesellschaft die ehemalige Seidelsche Gärtnerei und wandelte das Gelände in einen Wohnbaustandort um. Dank der Fürsorge der mit der Sortensammlung betrauten Gärtner des damaligen VEG Saatzucht Zierpflanzen Dresden konnte das Seidelsche Sortiment erhalten und nach Zuschendorf überführt werden.

Die Kameliensammlung heute

1993 wurde die Seidelsche Kameliensammlung unter Denkmalschutz gestellt und ist heute Eigentum des Freistaates Sachsen. Im Vergleich zu anderen Sammlungen, die meist das gesamte Spektrum der Vielfalt bei Kamelienarten und -sorten zeigen, stellt die Seidelsche Kameliensammlung einen kleinen, historisch bedeutsamen Ausschnitt aus der Geschichte der Kamelienzüchtung und der Produktionsgeschichte Sachsens dar und liefert auf Grund des relativ reinen, unverfälschten Sortenmaterials einen wertvollen Genpool für die Züchtung.

Viele der z.T. bereits 200 Jahre in Europa bekannten Sorten gehören heute noch zum Kamelienstandardsortiment. Zur Illustration des riesigen aktuellen Sortiments an Kamelienarten und -sorten für die Besucher wurden die etwa 100 alten Sorten um einige ausgewählte und repräsentative moderne Sorten und Wildarten ergänzt (u.a. auch eine gelbe Kamelie, C. nitidissima).

Zu den ältesten Kamelien in den Botanischen Sammlungen gehören fünf Exemplare aus der Gärtnerei Erich Herrmann, Doberlug-Kirchhain. Hier werden seit 1874 traditionell Kamelien produziert, wofür u.a auch Jungpflanzen von Seidel aus Dresden bezogen wurden. Die älteste unter ihnen ist ein Exemplar von ‚Chandlers Elegans‘ aus dem Jahr 1885. Nur wenig jünger sind ‚Herme Rot‘, ‚Admiral Campbell‘, ‚Mathotiana Rosea‘ und ‚Principessa Baciocchi‘. Im Interesse der Wiederbelebung des Kamelienanbaus in Sachsen besteht unsere Aufgabe ebenfalls in der Bereitstellung von Ausgangsmaterial für interessierte Gärtnereien. Auf einer Glasfläche von 1.500 Quadratmetern präsentiert sich die Sammlung von etwa 220 Sorten und Arten jährlich ab März den Besuchern.

Da wir leider nicht in der Lage sind individiuelle Anfragen zur Pflege Ihrer Kamelien zu beantworten, bieten wir Ihnen hier ausführliche Pflegehinweise.