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XVII. Deutsche Kamelienblütenschau im Landschloß Pirna – Zuschendorf
29.Februar.2020 - 17.April.2020
„Die Auferstehung der Winterkönigin“
Unter diesem schönen Titel sandte uns im Jahr 2002 eine Pflanzenfreundin aus Prag einen Artikel aus der Zeitschrift „Zahrádkář“ zu deutsch „Gärtner“ vom Februar selbigen Jahres. Darin waren verschiedene Gärten mit historischen Kamelien in Tschechien beschrieben. „Winterkönigin“ – was für ein schöner Name für Kamelien. Durch Daniel Kehlmanns Roman „Tyll“ wurde uns bewusst, dass hinter dieser Bezeichnung tatsächlich eine historische Persönlichkeit steht, die auch eng mit der böhmischen Geschichte verbunden ist.
Schauplatz ist der Beginn des Dreißigjährigen Krieges, genauer die Ereignisse, die sich dem „Prager Fenstersturz“ anschließen. Nur für einen Winter zwischen den Jahren 1619 bis 1620 regierten sie und ihr Gemahl auf dem böhmischen Thron – für einen Winter Königin und König.
Doch zuerst zu einer wunderbaren Kameliengeschichte, einer doppelten Rettung und Auferstehung, die im obigen Beitrag beschrieben wurde: Aus dem im letzten Krieg schwer zerbombten Dresden rettete ein unbekannter Gärtner oder Pflanzenfreund einige Kamelien und brachte diese mit nach Karlsbad. Dem Vernehmen nach stammen sie aus dem Dresdner Botanischen Garten, der ja am 13. Februar 1945 völlig zerstört wurde. In Karlsbad kamen sie über Jahrzehnte in der Stadtgärtnerei unter. Die Ereignisse von 1989 brachten auch in die böhmische Kurstadt die neue Zeit.
Die Gewächshäuser mussten einem Hotelneubau weichen. So kamen die Kamelien in die Pflege der Bäderparkaufsicht. In gutem Glauben stellte man die Kübelpflanzen neben den Trinkbrunnen in der Stadt auf. So konnte man die Pflanzen schnell mit Wasser versorgen. Doch das für die Menschen so heilende Nass ist wegen der Mineralien und Salze für die Kamelien tödlich. Als alle Blätter der eigentlich immergrünen Pflanzen abgefallen waren, sandte Frau Ing. Dana Petrlíková einen Notruf ins mährische Land. Der Adressat war der den Lissitzer Gärtner Evžen Kopecký.
Das Schloss Lissitz (Lysice) entstand aus einem mehrfach umgebauten Wasserschloss. Bemerkenswert ist eine mit einer Pergola überdachte, auf mächtigen Säulen lagernde Kolonnade, welche den Park dominiert. So konnten die Schlossbewohner bei jedem Wetter trockenen Fußes ihren Park aus angemessener Höhe betrachten.
Auf einem Gemälde von Ervin Dubský aus dem Jahre 1779 sind deutlich zwei große Orangeriegebäude zu sehen. Diese wurden abgerissen, nachdem um 1870 ein kleines Stück weiter oben, auf der Fläche der ehemaligen Brauerei, eine neue errichtet wurde. Die heute sorgfältig restaurierte Überwinterungsanlage gliedert sich in Orangerie und Glashaus im Obergeschoß und in darunterliegende Anlehngewächshäuser. In dem sich anschließenden Wohnturm lebte der Gärtner. Die Pflanzen der dortigen Orangerie waren in der Nachkriegszeit verloren gegangen; es gab also noch etwas Platz. Dort im Orangerieteil stehen heute die ehemals Dresdner Kamelien. Unter den geschickten Händen des Gärtners erholten sich die Pflanzen und sehen heute wieder prächtig aus. Die zweite Auferstehung der Winterkönigin war dank Evžen Kopecký gelungen.
Auffallend sind ihre, durch teils 4 m lange Stämme und kleine Kronen hervorgerufenen, außergewöhnlichen Gestalten, die sicher mit ihrer Vorgeschichte zusammenhängen. Zwei der sechs Pflanzen konnten der Sorte ‘Chandlers Elegans‘ (1831) zugeordnet werden, eine weitere ist ‘Lady Campbell‘ (1824). Drei Pflanzen sind noch nicht wieder eindeutig bestimmt. Darunter eine schneeweiße mit manchmal blutroten Flecken, außergewöhnlich schön. Das Alter wird auf etwa 110 Jahre geschätzt. Nachkommen davon wachsen auch in den Zuschendorfer Glashäusern.
Doch nun von der blumigen Winterkönigin zur höfischen Dame gleichen Titels.
Hinter dieser verbirgt sich die als älteste Tochter des Königs Jakob VI. von Schottland im Jahre 1596 geborene Elisabeth Stuart. Die 1587 hingerichtete Königin Maria Stuart war ihre Großmutter väterlicherseits.
Aus einer Reihe von Bewerbern um die streng protestantisch erzogene blondhaarige Schönheit entschied sich der Vater für einen Vertreter der protestantischen Union, den calvinistischen Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz. Die Hochzeit wurde 1613 im Whitehall-Palast zu London mit viel Pomp, Maskenspielen und Turnieren gefeiert. Die Braut war gerade 16 Jahre und doch, so sagt man, soll es eine glückliche Ehe geworden sein. Im Juni des gleichen Jahres traf sie von der Bevölkerung bejubelt in Heidelberg ein. Elisabeth Stuart brachte ein Gefolge von 400 Personen mit in die Pfalz und lebte dort in Prunk und Verschwendung.
Friedrich V., der sich als Führer der protestantischen Kräfte im Reich sah, unterstützte die aufständischen böhmischen Protestanten gegen die Habsburger. Nach dem Tod von Kaiser Matthias beschlossen die böhmischen Landstände, Erzherzog Ferdinand, den späteren Kaiser Ferdinand II., abzusetzen und den pfälzischen Kurfürsten zu ihrem neuen König zu wählen. Trotz des Abratens seines Schwiegervaters König Jacob I. nahm Friedrich V. die Wahl aus religiösen Gründen an; er sei dem Ruf Gottes gefolgt. Elisabeth stand zur Entscheidung ihres Gatten. Manche sehen sie sogar als die treibende Kraft und betrachten sie als diejenige, die den Dreißigjährigen Krieg entfesselte.
Am 7. November 1619 wurde Elisabeth Stuart zur Königin von Böhmen gekrönt. In Prag fiel sie durch gewagte Kleider und die Haltung von Affen auf. Doch dies war nur von kurzer Dauer, denn schon bald war sie eine „Winterkönigin“ ohne Land. Nach der Schlacht am Weißen Berg und dem Sieg der katholischen Fürsten unter Tilly musste das Königspaar fliehen. Ein Zurück in die Pfalz war ausgeschlossen, denn die hatten die mit Ferdinand verbündeten Spanier und Bayern erobert. So gingen beide ins Exil in die Niederlande.
Zwar ohne Land, aber finanziell gut ausgestattet und von vielen Männern angehimmelt, entsprach die Winterkönigin dem Schönheitsideal ihrer Zeit. Gemalt wurde sie von damals bekannten holländischen Malern wie Gerrit van Honthorst und Michiel Jansz van Mierevelt.
Betitelt wurde sie mit „Perle Britanniens“, „Königin der Herzen“ und auch „Englands Rose“.
„Winterkönigin“ und „Englands Rose“, da ist der Gedanke zur „Rose des Winters“, der Kamelie, wahrlich nicht weit. Eine schöne Frau mit Eigenheiten – sie war offensichtlich so prägend in Böhmens Geschichte, dass sie nun in einer schönen Blume, ebenfalls mit Eigenheiten, ihre Entsprechung fand.
Elisabeth war den Gärten zugetan. Friedrich V. ließ für sie am Heidelberger Schloss einen Garten im englischen Geschmack, den Hortus Palatinus, durch den damals berühmten Gartenarchitekten Salomon de Caus anlegen.
Auch sei noch vermerkt, dass die Winterkönigin Elisabeth Stuart über ihre jüngste Tochter Sophie und ihren Enkel Georg von Hannover die Stammmutter aller nachfolgenden englischen Königinnen und Könige ist. Sie regieren noch heute. Besagte Kurfürstin Sophie gilt als Schöpferin der berühmten Hannoveraner Gärten.
Eintritt: 6,00 € / ermäßigt 5,00 €
Geöffnet: Dienstag bis Sonntag und feiertags von 10.00 – 17.00 Uhr
Zusätzlich nur im März: Montag von 10.00 – 16.00 Uhr