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Azaleen

Sachsen, v.a. der Dresdner und Leipziger Raum, war neben Gent (Belgien) das größte Azaleenanbaugebiet Europas. Unsere Azaleensammlung ist untrennbar mit der Stärke, aber auch mit dem Niedergang der sächsischen Azaleengärtner verbunden. Daher soll der Weg der Azalee nach Sachsen und in Sachsen kurz mit angerissen werden.

Die Indische Azalee

Die meisten unserer Zimmerazaleen, auch „Indische Azaleen“ genannt, gehören botanisch zu Rhododendron simsii Planch. In älterer Literatur finden wir dafür die Bezeichnung Rhododendron indicum Sweet. Jedoch haben die Züchter in diese Stammform im Laufe der über 165 jährigen deutschen Züchtungsgeschichte immer wieder auch andere Arten eingekreuzt, so dass wir heute bei den meisten von Rhododendron simsii Hybriden sprechen.

In frühen sächsischen Züchtungen finden wir vor allem Rh. mucronatum mit seinen Varietäten und Rh. simsii vittatum. Alexander Steffen fügte später die Kurume – Azaleen als Kreuzungspartner hinzu. Die Ursprungsblüte der Stammart ist rot und ungefüllt. Jedoch bastardiert die Art sehr leicht und wurde seit alters her in ihrer Heimat China in vielen Varietäten kultiviert.Dort wachsen die Azaleen als kleine Sträucher an felsigen Plätzen in lichten Wäldern an Gebirgsflüssen im Jangtsetal von Ningpo bis zum Omei-Berg. Trotz der chinesischen Herkunft erhielten sie ihre Bezeichnung „Indische Azalee“, weil damals bei allem was über die ‚Holländisch-Ostindische Kompagnie‘ nach Europa kam ‚ostasiatisch‘ und ‚indisch‘ gleichbedeutend war. Das griechische Wort „azaleos“ steht für „trocken“, „hart“ und „dürr“. Das bezieht sich nicht auf die Ansprüche der Pflanzen, sondern auf ihre Blätter.

Einfuhr nach Deutschland

1808 brachte Kapitän Wellbank die Azaleen (Rhododendron simsii Planch.) von China nach England. Gegen 1815 waren sie dann wohl in Frankreich. Im Jahre 1818 wurde die erste Azalee in Deutschland eingeführt. Der Katalog der Seidelschen Gärtnerei umfasste 1836 erst 12 vor allem aus England eingeführte Sorten. Mit der Gründung der Liebigschen Erwerbsgärtnerei im Jahre 1837 begann dann der Aufschwung der Dresdner Azaleenzucht. Zu Recht wird Ludwig Leopold Liebig (1801 – 1872) als ihr Nestor bezeichnet. Er züchtete 1843 die erste deutsche Azaleensorte namens ‚Aurora‘ und viele weitere Azaleensorten und auch großblumige Rhododendronhybriden folgten ihr. 1887 wurde die Azaleenproduktion des Betriebes mit 300.000 Stück angegeben. Im gleichen Jahr starb der Sohn des Gründers Emil Liebig (1839 – 1887) und die Ära dieses Unternehmens von Weltruf ging zu Ende.

Gärtnerei A.Voigt, Dresden-Leuben um 1911

Ab 1867 brachte dann die Firma T.J. Seidel als zweite eigene Azaleenneuzüchtungen heraus. Den beiden Pionieren folgten dann weitere Dresdner: C.Julius Petzold, Oscar Hartl, Ludwig Richard Richter, Alwin Richter und Arthur Voigt. Besonders erfolgreich waren die Sorten von Julius und Paul Schäme, deren Züchtungsarbeit Reinhold Ambrosius in Weinböhla fortführte. Zu den wichtigsten Züchtern der Nachkriegszeit zählen Karl Glaser, Holzhausen, Erich Herrmann, Doberlug und Ernst Risse aus Coswig. 1922 kam es zur Gründung der “ Versuchs- und Beispielgärtnerei“ Pillnitz unter der Leitung von Gartenbaudirektor Alexander Steffen (1871 – 1954). 1923 berichtete Steffen in der „Gartenwelt“, dass Azaleenkreuzungen begonnen werden, wie auch Erweiterungen in Richtung harter Arten unter Benutzung neuen Materials amerikanischer und ostasiatischer Herkunft.

Die Azalee erobert Sachsen

In den dreißiger Jahren entstanden in Pillnitz Sorten wie „Libelle“, „Elfe“, „Herzlieb“, „Bastei“, „Gruß aus Dresden“ und „Pillnitzer Coelestine“. In der Nachkriegszeit ist die Züchtung der Azaleen vor allem mit den Namen Dr. Werner Dähnhardts, der von 1951 bis 1977 in Pillnitz tätig war, verbunden. Er, seine Mitarbeiter und Nachfolger züchteten Azaleensorten wie Rokola, Rolko, Elbe, Elster, Saale, Zwinger, Schloß Pillnitz, Schloß Pillnitz Bicolor, Pilett, Pilini, Weißer Hirsch, Schloßpark, Kronentor und Georgentor.

Allein in der Gärtnerei Seidel erweiterten sich die Azaleensortimente von 1836: 12 Sorten, über 1846: 200 Sorten, auf 1894: 400 Sorten. Um 1850 sprach man von Vollsortimenten. Zum Kundenkreis gehörten vor allem Liebhaber, die den enormen Aufwand zur Erhaltung solcher großen Sortensammlungen rechtfertigten. Dieser Kreis wurde geringer, so daß die Gärtner zu Spezialsortimenten übergingen. Diese mußten die Erfüllung der in- und ausländischen Kundenwünsche, wie auch neue Züchtungsvorhaben gewährleisten. Um die Qualität der Sorten zu sichern gründete sich 1876 in Dresden ein Verein zur Prüfung von Neuheiten und Züchtungen der Zertifikate 1. und 2. Klasse erteilte. Die „Flora“ führte diese Arbeit mit ihren Ausschuß zur Prüfung von Pflanzenneuheiten ab 1886 fort und vergab Wertzeugnisse.

In der sächsischen Gewerbe-Vereins-Zeitung von 1878 heißt es: „Im August beginnt der Versand und zu dieser Zeit finden sich in Dresden Handelsgärtner aus Wien, Breslau, Berlin, Hamburg, Kopenhagen, Stockholm, aus Rußland, Rumänien etc. ein….Die hiesige Gärtnerei zieht bedeutende Summen aus dem Auslande nach Dresden und gibt vielen Arbeitern und Gewerbetreibenden lohnende Beschäftigung.“

Neben T.J.Seidel und Emil Liebig gehörten die Gärtner Otto Olberg, Alwin Richter, Robert Weissbach, Helbig und Max Ziegenbalg zu den bedeutensten Produzenten des 19.Jahrhunderts.

Azaleen von Emil Liebig, Dresden

Ein entscheidender Schritt zur Verbesserung der Qualitäten und zur Abwehr der belgischen Konkurrenz war die 1884 durch Seidel eingeführte Veredlung auf die Rhododendronunterlage ‚Cunninghams White‘. Die Kulturzeit verkürzte sich um ein Jahr, die Blütenfarben wurden leuchtender und die Treiberei sicherer. Die kräftigen Pflanzen erregten auf Ausstellungen großes Aufsehen. Der Erfolg spiegelt sich auf den drei Internationalen Ausstellungen in Dresden dergestalt wieder, daß zur I. im Jahre 1878 die belgischen Azaleen überreich, zur III. im Jahre 1907 aber gar nicht mehr vertreten waren. Zu dieser Zeit machte es keinen Sinn für die Begier gegen die Dresdner Qualitätspflanzen anzutreten.

Im Jahre 1870 überholten die Azaleen zahlenmäßig die Kamelienproduktion. 1893 befanden sich in Dresden bereits 1,5 Millionen Azaleen in Kultur. Zwischen 1904 und 1914 steigerte sich die Zahl auf durchschnittlich 2,5 Millionen Pflanzen. Gezogen wurden Topfpflanzen, Halb- und Hochstämme. Durch den I. Weltkrieg und den Mangel an Brennstoffen wurden große Teile der Spezialsortimente vernichtet. Durch die weggebrochenen Auslandsmärkte machten sie auch keinen Sinn mehr. Produziert wurden nun noch 30-35 Sorten bei 590.000 Verkaufspflanzen. Bereits 1931 war die Produktion aber schon wieder auf 1.125.000 Stück angewachsen. In der Zeit nach dem politischen Umbruch. 1989 ist die sächsische Produktion von 3 Millionen auf 1Million Stück gesunken. Pflanzenkauf ist immer auch Mode und es bleibt zu hoffen, daß sich dieser Trend auch wieder umkehrt. Um das zu unterstützen werden jedes Jahr in den letzten 14 Tagen des April Azaleen in den festlichen Räumen des Landschlosses ausgestellt. Neben den unsrigen ist die Ausstellungsbeteiligung des Gartenbaubetriebes Ernst Risse, Coswig mit großen Schaupflanzen schon gute Tradition.

Entstehung unserer Sammlung

Der Grundstock unserer Sammlung in Pirna – Zuschendorf stammt aus der Neuen königlichen Hofgärtnerei zu Pillnitz. Zur Entstehung gibt es folgendes zu berichten:

Azaleensichtung in Pillnitz, 1940

In der Zeit des I. Weltkrieges wurden die Brennstoffe knapp; auch mussten die Gärtner ihre Produktion auf Gemüse umstellen. Wohin dann mit den wertvollen Mutterpflanzen? Der König Friedrich August III. hatte sich in Pillnitz eine neue Hofgärtnerei bauen lassen, die 1915 fertig gestellt wurde. Dort gab es Platz. Der Weg zum König war kurz, da eine Schwester des „Kamelien – Seidel“ mit dem Hofgartendirektor Friedrich Bouchè verheiratet war. Im September 1915 erhält die Dresdner Gärtnervereinigung „Flora“ die Genehmigung, Azaleenpflanzen der Dresdner Anbauer zur Überwinterung einzustellen. Bereits nach 3 Jahren endete die Geschichte der Hofgärtnerei durch Enteignung des Königs. Ein Kuratorium der Herren Bouchè, Ökonomierat Simmgen und Gärtnereibesitzer Seidel setzte sich dafür ein, dass die Gärtnerei nicht als Wirtschaftsbetrieb, sondern als Lehr- und Forschungseinrichtung weiter geführt wurde. Mit der Gründung der Versuchs- und Beispielgärtnerei 1922 unter der Direktion von Alexander Steffen begann dann die oben beschriebene neue Ära der Azaleenzüchtung.

Aus Gründen der Effektivität wurde 1987 Züchtung und Sortiment nach Nieschütz, ein kleiner Ort elbabwärts von Meißen, verlegt. Die Nieschützer Gärtnerei blickt auf eine lange Erfahrung in der Azaleenkultur zurück. Durch die Familie Stahnke gegründet und viele Jahrzehnte betrieben, war diese in der Nachkriegszeit, so wie Pillnitz zum Betriebsteil des VEG Saatzucht Zierpflanzen (erst Erfurt, ab 1984 dann Dresden) geworden. Beide Azaleensammlungen wurden nun vereinigt.

Bedingt durch die politische Wende und auf Initiative von Günter Hofmann, gelangte die Kollektion in unsere `Botanischen Sammlungen`. Der Pillnitzer Standort wurde wieder Eigentum des Freistaates Sachsen. Das Gelände gehört zur Landesanstalt für Landwirtschaft. Die alte Hofgärtnerei wurde Mitte der 90iger Jahre (Denkmalfrevel!) abgerissen. Heute stehen dort moderne Forschungsgewächshäuser, in denen auch Zierpflanzenversuche durchgeführt werden. Die Nieschützer Gärtnerei wurde privatisiert, inzwischen aber aufgegeben und nur teilweise an andere Gärtnereien vermietet. Durch die rasante Entwicklung nach 1989 war das genetische Potential des sächsischen Zierpflanzenbaus im höchsten Maße gefährdet. Viele Gärtnereien wurden zu Bauland umgewandelt; andere mussten kritiklos ihre Sortimente auf die in Westdeutschland üblichen umstellen. Es waren nicht nur die (überaus wertvollen) DDR-Sorten, sondern vielmehr auch die des 19. und frühen 20.-sten Jahrhunderts, die nun plötzlich nichts mehr wert sein sollten. Wir reisten durch die Gärtnereien um Dresden und Leipzig, um so viele wie möglich zu retten. So wuchs unsere Sammlung und es galt ein Sammlungsziel festzulegen. Wir entschieden uns zu Folgenden:

  • Grundlage der Sammlung soll das „Pillnitzer Sortiment“ sein. Eine Reihe Listen sind vorhandenen. Ein Teil der fehlenden Sorten werden sicher nicht mehr beschaffbar sein.
  • Gleichfalls sollen Sorten gesammelt werden, die in Sachsen gezüchtet oder im sächsischen Anbau eine wichtige Rolle spielten.
  • Weiterentwickelt soll die Sammlung in gleicher Weise werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass viele sächsische Züchter und Anbauer bedingt durch Enteignung und Kollektivierungszwang zu DDR-Zeiten, sich am Niederrhein oder in anderen Gebieten Westdeutschlands angesiedelt haben.

Da direkt in Sachsen heute kein Züchter mehr ansässig ist, ergänzen wir daher unsere Sammlung vor allem durch Neuzüchtungen der Firma Glaser.

Die ältesten Züchtungen unserer Sammlung
Sorte Zuchtjahr Züchter
Rh. mucronatum G.Don 1819 J. Poole
Marie-Luise 1845 de Marley
Concinna 1849 Lindley
Blanchard 1854 Liebig
Charles Encke 1861 Verschaffelt
Souvenir de Prince Albert 1863 van de Meulen
Herzog Adolphe von Nassau 1866 Mardner
Königin Cleopatra 1867 Schulz
Madame van der Cryssen 1867 van der Cryssen
Dame Melanie 1867 van de Male
Colombo 1868 Liebig
Apollo 1876 Schulz
Kaiserin von Indien 1878 van der Cryssen
Königin der Weissen 1878 Schulz
Sakuntala 1878 Schulz
Niobe 1879 Schulz
Ceolistine 1880 unbekannt
Frau Hermann Seidel 1880 Mardner
Madame Petrick 1880 Mardner
Schnee 1884 Schulz
Violacea multiflora 1884 Schulz
Dr. Wilhelm Neubert 1886 Petzold
Vervaeneana 1886 Vervaene
John T.D.Lewelyn 1887 van Houtte
Prof. Wolters 1887 Lossy
Deschryveriana (Frau Amalie Riechers) 1888 Schryver
Hexe 1888 Forster
Ernst Thiers 1890 Richter
Herme 1890 Seidel
John T.D.Lewelyn Rubra 1890 Kuyck
La Temperance 1890 de Cock
Mademoiselle Louise Cuvelier 1890 de Kneef
Paul Schäme 1890 Schäme
Eggebrechtii 1890 Seidel
Reini 1890 Seidel
Frau L.R. Richter 1895 Liebig
Carmen 1895 Liebig
Liebigs superba 1895 Liebig
Spit Fire 1896 Vervaene
Emil Liebig 1898 van Houtte
Haerensiana 1898 Haerens
Internationaler Austausch

Größere Ergänzungen erhielt unsere Sammlung in den letzten Jahren vor allem aus dem Rhododendronpark Bremen und den Bundesgärten Wien-Schönbrunn. Vor allem unsere alten belgischen Sorten stammen aus Bremen. Belgier und Sachsen waren zwar harte Konkurrenten, jedoch gab es aber auch immer Austausch und Akzeptanz. So wurden in Dresden durchaus auch belgische Sorten angebaut und umgekehrt. Auch nannten die belgischen Züchter einige ihrer Sorten nach Dresdner Gärtnerpersönlichkeiten. Unsere Sammlung ist keine nostalgische Hobbysammlung, sondern dient dem Erhalt des unersetzlichen Erbgutes, das im Verlauf von über 165 Jahren deutscher Azaleenzüchtung erarbeitet wurde.

In den Reservegärten von Wien – Schönbrunn, den ehemals kaiserlichen Sammlungen, fanden wir manche uralte Rarität, die in Dresden verloren war, sogar Sorten von Liebig. Heute umfasst unsere Kollektion 350 verschiedene Sorten. Zwei komplette Sortimente werden in zwei getrennten Gewächshäusern gehalten. Die Sorten aus dem 19. Jahrhundert werden in je drei Exemplaren vorgehalten. Nicht zuletzt aus Platzgründen wird es zukünftig nur noch selten Erweiterungen geben. Um Azaleen dauerhaft zu bewahren bedarf es der regelmäßigen Verjüngung des Sortiments. Klassisch wurden die Sorten der Sammlung auf Rhododendron simsii ‚Concinna‘ veredelt. In den letzten Jahren haben wir den Bestand aus Zeitgründen mit Stecklingen vermehrt.

Schwach wurzelbildende Sorten sind aber dadurch stärker gefährdet. Daher streben wir die Rückkehr zur o.g. Seidelschen Veredlung auf ‚Cunninghams White‘ an. Neben der begrenzten Glashausfläche ist der Personalbestand das größte Problem. Manche pflanzenbauliche Arbeit kann nicht termingerecht erledigt werden. Vor allem aber die dringend notwendige Nachbestimmung der Sorten leidet unter dem Zeitmangel. Wie leicht durch Krankheit, Heizungsausfall oder andere menschliche, wie auch technische Faktoren eine wichtige Sorte verloren geht, wiß jeder Azaleengärtner nur zu gut. Viele unserer Sorten haben zwei Weltkriege, Inflation, Hungersnöte, Enteignung und Treuhandanstalt überlebt. Und doch gab es jeden Tag einen Gärtner, der sie gegossen, geheizt, geschützt und gepflegt hat. Sollte das im heutigen reichen Deutschland nicht auch möglich sein? Denkmalschutz würde in einer Zeit, wo die wertvollen Pflanzen im Bewußtsein der Menschen anderen Statussymbolen weichen mußten, bei deren Bewahrung helfen.

Da wir leider nicht in der Lage sind individiuelle Anfragen zur Pflege Ihrer Azaleen zu beantworten, bieten wir Ihnen hier ausführliche Pflegehinweise.