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Bonsai – die uns heimisch sind

Im Reigen der „sächsischen Ostasiaten“ dürfen die „Zwergbäume der Japanesen“, heute meist als Bonsai bezeichnet, nicht fehlen. Hierbei handelt es sich um eine ursprünglich aus China stammende und u.a. von den Japanern weiterentwickelte Gartenkunst zur Kleinhaltung von Gehölzen.

Außer einem kurzen Zeitraum in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts spielten diese Zwergbäume in der gärtnerischen Produktion Sachsens nie eine Rolle. Vom sächsischen Hofgärtner und Japanreisenden George Meister bereits 1692 erstmals beschrieben, mussten sich die Sachsen lange Zeit mit Darstellungen auf Bildern und Porzellanen begnügen. In der einzigartigen chinesischen Märchenwelt, dem Musterbuch für das Meissner Porzellan von Johann Gregor Höroldt, finden wir zahlreiche Szenen mit diesen merkwürdigen Baumgestalten. Die erste Bonsaiproduktion in Deutschland finden wir allerdings nicht in Sachsen. Der Oldenburger Godwin Bökel produzierte ab 1847 die Liliputpflanzen in Hamburg. Namhafte Importe oder besser Exporte aus Japan nach Deutschland, erfolgten durch die in Yokohama im Jahre 1882 gegründete Handelsgärtnerei von Louis Boehmer und dessen Nachfolger Alfred Unger.

Im Jahre 1907, anlässlich der III. Internationalen Gartenbauausstellung, gab es in Dresden die erste große Präsentation von Bonsai in Deutschland. Rund eine viertel Million Besucher konnten zwanzig „Zwergbäume der Japanesen“, gruppiert um einen Weiher, vor einem Wandgemälde mit japanischer Kulisse des Dresdner Hofmalers Rieck bewundern.

Im Osten Deutschlands war es dann der Dresdner Gärtner und Züchter Wilhelm Elsner, der Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts begann, Bonsai zu gestalten und zu sammeln. Nur wenige Jahre später, 1982, startete im größten sächsischen Zierpflanzenbetrieb, dem VEG Saatzucht Zierpflanzen Dresden, ein Produktionsversuch, um mögliche Exportchancen auszuloten. Kern war der Aufbau einer botanischen Sammlung mit einer beachtlichen Artenzahl, die auf Eignung getestet werden sollte. Besonders heimische Gehölze standen im Zentrum der Arbeit, um dem eigentlichen Sinn, der Nachbildung von Bäumen und Landschaften unseres Lebensumfeldes, gerecht zu werden. Dem Charakter mitteleuropäischer Bäume entsprechend, wurden sehr natürliche Gefäße entwickelt; dazu Möbel und Ausstellungssysteme. In der Einheit aller Elemente nannten wir dies den „Dresdner Bonsaiweg“. Nach dem politischen Umbruch kamen beide Sammlungen, die von Wilhelm Elsner und die des Zierpflanzenbetriebes, nach Zuschendorf. Hier bieten sie auf kleiner Fläche einen enormen Artenreichtum und laden zu einer baumkundlichen Reise von Europa über Amerika bis nach Asien ein.

Kern unserer Sammlung sind die in Mitteleuropa heimischen Gehölze. Darüber hinaus gibt es einige besondere Kollektionen, wie eine Sammlung Wildäpfel. Diese stehen gut zum Vergleich zu unseren Obstorangerien im Scherben. Eine weitere größere Gruppe bilden im Rahmen einer Diplomarbeit im Jahre 1983 ausgesäte Kiefern (Pinus sylvestris L. und Pinus nigra Arnold). Hier kann die Vielfalt der Sämlinge wunderbar beobachtet werden.

In den letzten Jahren wurde die Zuschendorfer Sammlung durch Erbschaften um folgende Kollektionen erweitert:

  • Prof. Dr. Jürgen Matschke, Waldsieversdorf (2015)
  • Joachim Wippold, Schwedt (2016)
  • Herr Vogel, Bernsdorf/Erzgeb. (2017)

Es ist uns eine Ehre, dass alle drei Erblasser schon zu ihren Lebzeiten erklärten, dass ihre Sammlung unbedingt nach Zuschendorf solle. Auf diese Weise kehrten auch einige Stücke zurück, die ursprünglich aus unseren Dresdner und Zuschendorfer Beständen stammten.

Ganz bewusst bemühen wir uns um eine sehr naturnahe und baumverträgliche Gestaltung. Zwingende Techniken wie Schnitzen, Bleichen und Drahten werden kaum angewandt. Das Sammeln von Bäumen in der freien Natur halten wir für Umweltfrevel.

Damit stellen wir uns ganz bewusst außerhalb der offiziellen Bonsaiszene in Deutschland und werden von bestimmten Ideologen entsprechend angefeindet. Dies bestärkt uns, unseren Weg genauso weiter zu gehen, wie bisher.

Hierzu sei der Japaner Tsuneyoshi Tsudzumi zitiert, der sicher frei von kommerziellen Interessen (die gern die Wahrheit verbiegen) im Jahre 1929 das vom Japan- Institut Berlin herausgegebene Buch „Die Kunst Japans“ schrieb. In seinem Abschnitt über Topfpflanzenanzucht lesen wir: „Was die Malerei in Landschaftsbildern darstellt, will das Volk hier plastisch nachbilden, indem es sich ungeheuere Mühe gibt, die durch die Beschränkung des Maßes entstehende Unnatürlichkeit zu überwinden. Man kann eine Kunst einigermaßen daran erkennen, dass sie ihren Ursprung nicht im Bedarf hat. Die bloße Sehnsucht nach der idealen Landschaft mag die Topfpflanzenkunst hervorgebracht haben, obwohl das Volk an der Gartenkunst sein Genüge hätte finden können. Es ist also interessant, daß diese Kunst etwa zur gleichen Zeit mit der Gartenkunst erschienen ist, wenn auch ihre Entstehungszeit sich nicht genau feststellen lässt …

Man teilt die Topfpflanzen gewöhnlich in zwei Gruppen, nämlich in ordentliche und außerordentliche. Was heißt das: Außerordentliche ? Es sind diese nicht gerade unnatürlichen Pflanzen, wenn sie sich auch oft der Unnatürlichkeit nähern. In der Tat übt die Natur selber ab und zu auf einzelne Bäume besondere Einflüsse aus, so daß sie vom natürlichen Gedeihen abgelenkt werden und gleichsam plastische Formen gewinnen. Die außerordentliche Topfpflanze soll eigentlich die Nachahmung derartiger Erscheinungen sein, aber der Dilettantismus, der besonders auf diesem Kunstgebiet eine große Rolle spielt und sozusagen in allen Winkeln lauert, übertreibt gern solche Anomalien und macht sein Werk zum Gegenstand der Neugierde. Wie es auf jedem Kunstgebiet der Fall ist, bevorzugen diejenigen Leute, die die Kunstbedeutung der Topfpflanzen nicht richtig verstehen, meistens die außerordentliche Gattung.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.